BP. Gauck in Yad Vashem

Wenn es hilft: ‚du‘ statt ‚man‘
und dennoch so unpersönlich

Eintrag ins Gästebuch von Yad Vashem

Jerusalem, am 29.Mai 2012 hat der Bundespräsident J. Gauck die Gedenkstätte Yad Vashem auf seiner Israelreise besucht. Kein dt. Politiker und insbesondere, wenn er ein hoher Repräsentant ist kann diesen Besuch still und heimlich vollziehen, alle Augen/ Objektive sind auf ihn gerichtet, jede Geste, jedes Wort wird notiert und bleibt nicht unkommentiert. Auch ich habe meinen Blick geschärft und war gespannt auf den Eintrag des BP ins Gästebuch und um so erstaunter war ich, was ich da vom wortgewandten BP lesen durfte. Seine Wortwahl hat mich verstört und ich verstehe nicht, wie du/man so distanziert bleiben kannst, wenn du/man  an einem solchen Ort stehst?

Hier der Wortlaut: „Wenn du hier gewesen bist, sollst du wiederkommen. Zuerst nur: die Flut der Gefühle, erschrecken vor dem Ausmaß des Bösen, mitleiden, mitfühlen, trauern – wegen eines einzigen Kinderschicksals oder wegen der Millionen unschuldigen Opfer. Und wiederkommen sollst du, weil auch du wissen kannst: Namen der Opfer – wie viele kennst du? Namen der Täter – deutsche zumeist – Verursacher, Vollstrecker, auch Namen von Schreckensorten wirst du dir einprägen und wirst erschrecken vor dem brutalen Interesse von Herrenmenschen. So wirst du dann hier stehen und dein Gefühl, dein Verstand und dein Gewissen werden dir sagen: Vergiß nicht! Niemals. Und steh zu dem Land, das hier derer gedenkt, die nicht leben durften.“

Was hatte ER gemeint mit, „die nicht leben durften“? War das denn eine Frage des ‚Dürfens‘? Ich erinnere, denen ER gedacht hast, da in Yad Vashem, in unserem Namen, wurden erst Hab und Gut geraubt und am Ende auch das Leben. Es war nichts anderes als Räuberei und kaltblütiger Raubmord aus niederen Beweggründen! Das brave Wort ‚dürfen‘ ist unangemessen, denn die Mörder ließen ihren Opfern keine Wahl. Und was meinte ER, wenn er schreibt: „Zuerst nur: die Flut der Gefühle, erschrecken vor dem Ausmaß des Bösen, mitleiden, mitfühlen, trauern – wegen eines einzigen Kinderschicksals oder wegen der Millionen unschuldigen Opfer.“ Wessen Gefühlsflut meint er, seine? Und was soll das ‚oder‘ zwischen dem Einzel- und Massenschicksal? Wieso nicht ‚und‘? Und dann dieser Satz mit dem ‚brutalen Interesse der Herrenmenschen‘, was willst du uns damit sagen, was ist deine Botschaft an die Überlebenden der Shoa? Niemals vergessen – ja aber das ist doch völlig überflüssig, den genau das werden sie nicht, die überlebenden Juden Europas und der Welt und dafür steht diese Gedenkstätte. An wen appelliert ER dann, wer ist sein Adressat – wir, seine deutschen Bürger?

Die Verwendung des Personalpronomens ‚DU‘ , in diesem Fall klein geschrieben, soll wohl das Indefinitpronomen ‚man‘ ersetzen, doch wen spricht ER an, Herr BP? Ist es eine Predigt, eine Mahnung oder ein Bekenntnis? Gilt letzteres, dann hätte ER in Ich-Form schreiben sollen und das stellvertretend für uns Deutsche, das wäre eine echte Botschaft gewesen. Du schreibst in ein Gästebuch und sagst was du dem Gastgeber sagen willst. Also, wie wäre es so:  ‚Nachdem ich hier gewesen bin, will ich wiederkommen.(..) Und wiederkommen will ich, weil auch ich wissen will, die Namen der Opfer – wie viele kenne ich? Die Namen der Täter – zumeist Deutsche – (..) So werde ich dann hier stehen und mein Gefühl, mein Verstand und mein Gewissen werden mir sagen: Vergiß nicht! Niemals. Und ich/ wir stehen zu dem Land, das an diesem Ort derer gedenkt, denen Hab und Gut und Leben von „unseren“ kriminellen und militaristischen Vorfahren geraubt wurde.‘

Für mich sind seine Worte im Gästebuch von Yad Vashem ein befremdlicher Eintrag, so unpersönlich oder distanziert! Wenn es den Medien gefällt, dann hat ER ja seine Pflicht und Schuldigkeit getan!