Frau V.: “Aber man muß doch seine Freude haben können an der Kunst.”
Johannes: “Man kann viel mehr haben an der Kunst als seine Freude.”
Gerhart Hauptmann
Zwölf Aufrechte des Charlie Hebdo Teams hingerichtet und Millionen Leser verletzt.
Was fehlt? Der Dialog? Was bleibt? Eine Fiktion, nie verworteter Empfindungen.
Alles steht im Konjunktiv, weil nichts klar ist und alles Spekulation, in den Stunden und der ersten Nacht nach dem Anschlag.
Q:“Ehrlich, hab ich Dich verletzt?“ – Vous ai-je mal? Honnetement!
A: „Was weiß ich viel? -Ce que je sais beaucoup!“
Und weiter, dann aber im Himmel, denn die Redakteure kommen sicher in den Himmel, alles andere wäre ungerecht und das Unrecht müsste spätestens an dieser Stelle aufhören, das Schicksal der Männer weiter zu bestimmen.
Q:“Avez-vous encore de la douleur?
A:“Ich kann es dir nicht mehr sagen. Ich fühle nichts, aber ich habe es befürchtet, dass es fatal enden wird, mit mir. Ich traure um die andern. Doch, wieso fragst du? Jetzt, willst du mit dir reden? Und wie, wenn du da unten noch lebst. Hier im Jenseits, funktioniert das so nicht. Übrigens, was ist mit den Jungfrauen, die auf dich warten? Wie, du stehst nicht auf Frauen, deshalb lebst du noch? Dir ist ist aber auch nichts mehr heilig!
Wir sind auf einer Reise und ich weiß nicht wo die Reise hingeht.“
Charlie weint und nicht nur er. Die Welt hat nicht genug Tränen. Diese Tränen sind keine Peanuts, denn am 07. Januar 2015 wurde uns allen bewusst, wie gefährlich die Zeiten sind. auch für uns, für die schreibende und zeichnende Zunft in Europa. Gewiss ist uns, der Staat kann unsere Privatsphäre nicht mehr schützen, vor überengagierten fremden Diensten und auch nicht die Meinungs- und Pressefreiheit, vor denen verteidigen, die sie unterbinden wollen, wie vehement er das auch bestreitet. Die Repräsentanten des Staates werden sich rausreden, mit dem Satz, die absolute Sicherheit gebe es eben nicht. Sie haben uns ja auch aufgefordert, die sog. religiösen Gefühle nichts zu verletzen, mit den Bildern usw., dabei haben sie nicht beantworten können, was denn bitte ein religiöses Gefühl ist oder meinten sie eben doch die religiösen Glaubenssätze? Dabei geht es gar nicht um die absolute Sicherheit, sondern um die Freiheit. Eine unteilbare Meinungs- und Pressefreiheit, die letztendlich doch zu einer Frage des Geldes und der Macht geworden ist. Es sind nicht die Journalisten und Blogger, die diese Freiheit besitzen, heute genießen nur jene die Meinungs-und Pressefreiheit, die Herausgeber- und Providerstatus besitzen.
Die Toten sind die ersten Journalisten die in ihren eigenen Redaktionsräumen hingerichtet wurden und nicht, wie die Fotografinnen Anja Niedringhausen und Camille Lepage in Kriegs- und Krisengebieten, die sie für ihre Recherchen aufsuchten. In den kommenden Tagen werden die Trauermärsche lang sein, wenn Paris seine Toten beisetzt. Die Vorstadtkinder von einst, die sich Charlie Brown zum Vorbild genommen haben, den ewigen Verlierer, sind jetzt tot und mit ihnen auch ihre Passion, ihre Leidenschaft und ihr radikaler Geist, der sie antrieb. Dies zu ersetzen ist eigentlich unmöglich und das war die Absicht ihrer Mörder. Zwei Psychopathen, ein Killerkommando, ein eingespieltes Team. Wer tut so etwas, so barbarisches und besitzt auch noch die Geistesgegenwart, nichts von sich zu hinterlassen, als die Tod bringenden Gewehrkugeln. Abgebrüht und austrainiert. Das wird für die Verfolgungsbehörden keine leichte Sache, die Täter lebend zu fassen.
Braucht es mehr Spottlust á la Charlie Hebdo?
Ja! Dem politischen Diskurs kommt der Humor abhanden. Wir brauchen weniger Gesinnungsjournalismus und mehr Spottlust, mehr scharfzüngige Satire – gerade im Umgang mit den Komfortzonen der Tagespolitik. Spott muss nicht gefallen, er soll nur pointieren, was mit Worten nicht auf den Punkt gebracht werden kann.
Waren Sie respektlos, die Herrn von Charlie Hebdo?
Nein, sie waren unbeugsam, kompromiss- und schonungslos radikal. Der Meinungsfreiheit verpflichtet. 12 Gerechte, die mit ihrem Zeichenstift unbeugsam und furchtlos, couragiert und engagiert die Werte der Aufklärung verteidigten. Heute, in der postdemokratischen Zeit stehen diese Grundwerte der Aufklärung, selbst in der Stadt der Aufklärung -dans la ville des Lumières, zur Diskussion. Die Sekuritätssucht wird auch dieses Ereignis nutzen, um weitere Einschränkungen zu rechtfertigen. Nichts brauchen wir so sehr, wie den Geist dieser aufrechten 12 Männer. Wer wird die Lücke füllen? Wer wird an ihrer Stelle, denen die Stirn bieten, die uns ängstigen und mundtot machen wollen? Wir?
Unsere Waffen ist der Bleistift, ist der Griffel, ist die Tinte und Tusche, der MagicMarker, der Fineliner – nutzen wir ihn und hören nicht auf zu schreiben. #keepwriting