Es geht um Prinzipien & Werte

Egal, welche Rolle wir einnehmen, in welchem Kontext wir stehen, beruflich oder privat, als Mitarbeiter, als Führungskraft, als Bürger und Freund, als Vater und Mutter. Die Inhalte die wir teilen sind austauschbar, die Werte und Prinzipien offenbaren unsere Handlungsstrategien. Wenn wir etwas ändern oder fördern wollen, dann geht dies nicht ohne geschärften Sinn für diese Prinzipien und Werte. Störungen und Konflikte enstehen im Spannungsfeld auseinanderlaufender, sich gegenseitig ausschließender Werte und Prinzipien.

Niemand verkörpert die einzig wahre Wahrheit, weder Charlie Hebdo noch Zeichner, Journalisten oder Redaktionen. Auch über eine Glosse, eine Satire, eine Karikaturen oder ein ironisch formuliertes Pamphlet läßt sich trefflich streiten. Letztendlich geht es nur um den Streit. Dinge auf die Spitze treiben, um unverblümte Reaktionen zu provozieren, um Standpunkte zu präzisieren, um Klartext zu erzeugen. Und das geht nur, wenn die Freiheit der Meinung – expression liberté – gesichert ist, wenn sie nicht mit Gewalt unterdrückt oder aus Angst vor Gewalt zurückgehalten wird. Es bleibt allen Kritisierten unbenommen, mit gleicher Münze zurückzuzahlen, mehr noch, genau das ist doch sogar erwünscht. Es sind nicht die Aussagen von Charlie Hebdo, die zu schützen sind, das, was Charlie Hebdo verkörpert, das ist zu schützen: die Meinungs-, die Kunst- und die Pressefreiheit.(DerQuerulant)

Medienkritik, ungenau und verzerrt…

Die Berichte der Medien sind oft ungenau und verzerrt, sie bieten manchmal eine ausgesprochen tendenziöse und ideologisch eingefärbte Weltsicht. Die in den Medien dargebotene Wirklichkeit repräsentiert in erster Linie Stereotype und Vorurteile der Journalisten, ihre professionellen Regeln und politischen Einstellungen, die Zwänge der Nachrichtenproduktion und die Erfordernisse medialer Darstellung. Sie lässt nur bedingt Rückschlüsse auf die physikalischen Eigenschaften der Welt, die Strukturen der Gesellschaft, den Ablauf von Ereignisse, die Verteilung der öffentlichen Meinung zu. (Winfried Schulz, Die Konstruktion von Realität in den Nachrichtenmedien)

Vierzehn Tage sind vergangen seit den Anschlägen von Paris, die Toten sind begraben und die Medien haben das Thema von allen Seiten beleuchtet. Bleibt etwas übrig, nachdem Begriffe, wie Lügenpresse, Islamismus vom Qualitätsjournalismus abgearbeitet wurden und der Bundesverband der Zeitungsverleger, in einem Aufruf Stellung bezogen hat?

1968 hat die Studentenbewegung die Springerpresse, wegen ihrer Berichterstattung kritisiert, sie wurde als diffamierend und manipulierend erlebt. Rückblickend wird diese Tatsache nicht mehr bestritten. Damals riefen die linken Intellektuellen dazu auf die Bildzeitung zu boykottieren. Erfolg hatten sie damit nicht, mit einer Auflage von über 2 Millionen ist die Bildzeitung, auch heute noch Marktführer, gefolgt von Welt, SZ und FAZ, wenn auch mit rückläufigen Auflagewerten.

Damals regierte die erste Große Koalition. Heute sind es nicht Studenten, die die Presse beschimpfen und physisch attackieren, wie gestern in Leipzig; heute sind es rechts konservative Bürger der Mittelschicht, so die ersten oberflächlichen Analysen der Sozialwissenschaft, die von Lügenpresse reden und sich von den Medien, ins falsche Licht gestellt fühlen. Es gilt die Annahme:“egal, was wir sagen, sie schreiben doch, was sie wollen!“

Die Aversionen der Bürger sind so groß, dass direkte Kontakte zur Presse abgelehnt werden.
Dies ist nicht neu und kein typisch deutsches Phänomen, auch in anderen europäischen Ländern werden solche Erfahrungen beschrieben, z.B. in Italien, mit der Moviment 5 Stelle.
Hier hat die Presse Berlusconis bewusst, jede Berichterstattung der Bewegung boykottiert, was dazu führte, dass die Rolle des Internets und die sozialen Medien eine ganz neue Bedeutung, für die politische Öffentlichkeit Italiens bekommen hat und die Movimento 5 Stelle, um Beppe Grillo, selbst die Presse, bis auf ein Organ boykottiert.

So lange es Presse gibt, gibt diese Diskussion. Wie objektiv und fair die Berichterstattung ist, ist auch eine Frage der Wahrnehmung, quasi die gefühlte Berichterstattung. Redundant ist, dass die Presse eine Funktion im Räderwerk eines Gesellschaftssystems ausübt. Wir gehen davon aus, dass die Pressearbeit, in einem totalitären System, wie in Saudi-Arabien, eine andere ist, als in einem demokratischen System. Die eingebetteten Journalisten anders berichten, als unabhängige usw.. ARD und ZDF reklamieren für sich, auf hohem Niveau zu recherchieren und Qualitätsjournalismus zu produzieren. Es sind Zweifel angebracht, wenn man das Geschäft mit den Nachrichten kritische Revue passieren läßt und weiß das Nachrichten einen Verkaufswert haben.

Ein Journalismus im Spannungsfeld zwischen „only bad news is good news“ und „the nature of bad news infect the teller“, ist mehr denn je ein Abbild von Entscheidungen, für das eine oder andere, was ist plausibler und was verkauft sich nicht. Die länge der Textspalten ist kürzer geworden, es gilt: „weniger ist mehr“.

Wenn es heißt, Fakten, Fakten, Fakten, dann darf man davon ausgehen, dass es sich hierbei um keine Selbstauskunft, sondern um einen Werbeslogan handelt.

Die Erkenntnisse der Kommunikationspsychologie sagen uns: Wahrnehmung unterliegt immer einer Interpretation und etwas gilt nur als gesichert, wenn sich ein Ergebnis, aus unterschiedlichen Perpektiven getestet, bestätigt, wie in der Mathematik die Gegenprobe.

Die Frage, ob die Presse lügt, Meinung macht bzw. Meinung manipuliert, darf man seriös untersuchen und das ist natürlich längst auch geschehen und etwas mehr Selbstkritik stünde dem aufgeregten Journalisten gut zu Gesicht. Der Begriff Lügenpresse ist scharfzüngig, aber nur getroffenen Hunde bellen. Ja, Nachrichten werden gemacht und konstruiert, sie haben eine Funktion und wie berichtet wird, hängt ab von den Glaubenssätzen des Autor, seinen Filtern, seiner Intention, die er bewusst oder unterbewusst einsetzt.

„Ein Journalist sollte sich nicht mit dem Thema gemein machen“, heißt es. Ein treffender Satz,
der realistisch wird, wenn der Journalist Selbstdistanz wahrt, sich weder vom Thema, noch von sich selbst, vereinnahmen lässt. D.h., mir nichts gefallen zu lassen und am wenigsten von mir selbst, gilt auch für meine Texte in meinem Blog. Ist quasi meine eigene Selbstverpflichtung und wenn es mir das nicht gelingt, dann weil mich mein Ego, wieder einmal ausgetrickst hat und ich mich selbst zu wichtig nehme.

Journalisten sollen aufklären und mir stinkt der Kampagnenjournalismus, der Gesinnung verkauft statt Informationen. Der Nachrichtenwert geht gegen Null! Wie am folgenden Beispiel illustriert, dabei geht es um den Text, zu einem Bild, der beim Besuch der Kanzlerin vor dem Elysee. anlässlich des Trauermarschs, für die ermordeten Redakteure von Charlie Hebdo in Paris, entstanden ist. Das Bild zeigt die Kanzlerin und den Präsidenten Frankreichs, während sie sich begrüßen. Die Hand des Präsidenten ruht auf der rechten Schulter der Kanzlerin, sie mit geschlossenen Augen, leicht zur rechten Schulter des Präsidenten gebeugt, sein Blick von ihr abgewendet, in den Raum gerichtet. Was macht daraus der Journalist,  Johan Schloemann? Er schreibt: „Die Frau, vor der sonst viele in Europa Angst haben, hält inne und wird zur Pièta.“ (Süddeutsche Zeitung vom 13.01.2015, Gesten für die Geschichte)

Wie bitte, zu was wird die Kanzlerin? Mir wird schlecht, wenn ich mit solchen Blödsinn konfrontiert werde und ich muss unweigerlich spucken. Was macht der Schloemann aus einer Fraktion einer Momentaufnahme, er stilisiert sie und fügt etwas hinzu, was seiner Phantasie entspringt und mit der Situation nix zu tun hat. „Das Bildnis ist so schön“, möchte man da singen und fragt sich, wie die SZ Redaktion gepolt sein muss, so etwas zu veröffentlichen. Gibt es keine Selbstkontrolle mehr bei der SZ? Und es kommt noch schlimmer, im Weiteren schreibt Schloemann: dieses Bild bringt „eine Mischung aus Erschöpfung und Bestärkung, die Menschen in der Totenklage verbindet“ zum Ausdruck. Wenn man sich das Original von AFP anschaut, dann fragt man sich allein eines, wo war der wegschauende Präsident, mit seinen Gedanken und wer wird hier getröstet, die Kanzlerin oder der Präsident? Aber das ist auch schon viel zu viel Kaffeesatzleserei, völlig unangemessen und uninteressant, keine Nachricht wert, wenn dann nur suggestive Stimmungsmache.

Wenn Journalismus so plump daher kommt, so platt, wird es zur Zumutung, das Lesen bereitet Schmerzen; man möchte die Bilder abschütteln, was so eben die Netzhaut kontaminierte. Ein böser Traum. Ich wehre mich gegen diese Formen des Gesinnungsjournalismus, der Hof hält, statt die Macht unter die Lupe zu nehmen. Das ist ein Journalismus, der Parolen propagiert und sich nicht von Propaganda unterscheidet. Der eine Absicht hat, der suggestiv und nicht mehr beschreibend ist.

Wer beklagt das pauschalisiert wird, sollte nicht selbst pauschalisieren; wer nicht diffamiert werden will, sollte …. usw. Ein Journalismus der Sexismus kritisiert, aber sexistisch ist, der pauschalisiert und diffamiert, während er klagt pauschal diffamiert zu werden, ist wenig glaubhaft. Wenn der blinde Fleck so groß ist, macht sich Journalismus überflüssig, dann ist sein Geschäft, das erzählen von Märchen und die Zeit Mythen zu erzählen, hat wenig mit Aufklärung zu tun.

Das Wort Lügenpresse hat kein Copyright und die Tatsache, dass die deutsche Sprache in Gänze von den Nationalsozialisten kontaminiert wurde, macht Worte nicht zu Unworten. Lügenpresse beschreibt überspitzt eine Qualität, die bei den Boulevardblättern nicht bestritten wird, wie z.B. bei der Bild. Was soll also bitte diese Aufregung und Kampagne?

Der böhmische Journalist Karl Kraus hat in seiner Kritik am Journalismus der wilhelminischen Zeit, viele Worte benutzt um, die Rolle der Presse zur damaligen Zeit zu beschrieben. Er nennt sie „Journaille“, „Tintenstrolche“, „Fanghunde der öffentlichen Meinung“, „Preßmaffia“, „Preßköter“.  Thomas Mann sagt über Karl Kraus: „(..) und die geistreiche Leidenschaft, mit der er, in seinen eigenen so scharf und rein stilisierten Schriften, die großen Grundsachen des Lebens, Krieg, Geschlecht, Sprache, Kunst, gegen Schändung und Verschmockung, gegen die Welt der Zeitung, gegen die Zivilisation verteidigt,– auch sie hat etwas Geistliches, etwas Religiöses, und wer den Gegensatz von Geist und Kunst, von Zivilisation und Kultur irgendwann einmal begriffen hat, der wird sich von dem satirischen Pathos dieses Antijournalisten nicht selten sympathisch mitgerissen fühlen.“ 

Wenn unser öffentlicher Auseinandersetzung, wie in Godwin’s Law beschrieben endet, dann können wir die Debatten auch gleich sein lassen, dann wird Selbstzensur zur alles bestimmende Tonlage.

Ich freue mich über jeden guten Text, der mir die Welt näher bringt, sie erklärt, der mich als denkenden und mündigen Leser anspricht, mir das Resumé überlässt und mich nicht mit Plattitüden versucht abzuspeisen.

Wo ist Charlie, Charlie Hebdo? #CharlieHebdo #Allemand

Wo ist Charlie? Wer hat Charlie gesehen? Sachdienliche Hinweise können bei Twitter hinterlassen werden, versehen mit dem Hashtag #oùestcharlie.

Gestern Abend, mit dem Zeitungshändler in der Bahnhofsbuchhandlung in Münster telefoniert und gefragt, wann er öffnet und ob er morgen auch Charlie Hebdo verkauft? Er konnte es nicht sagen, genauso unklar war, wie viele Exemplare er bekommen würde, Wenn ich um 6 Uhr da wäre, dann würde ich sicher ein Exemplar bekommen, meinte er. Optimist. Früh aufgestanden, war schwer; Sternen klarer Morgen, es hat gefroren, die Brücke ist glatt, mit dem Rad mache ich mich auf den Weg; vorgestern hat es mich hier noch hingehauen. Angekommen; bin ich natürlich nicht der einzige, der mit verschlafenem Kopf unrasiert vor der Tür steht. Sehr schnell verstehen wir, es war umsonst, nicht ein einziges Exemplar geliefert, obwohl, sowohl die Westfälische, als auch die FAZ, den Verkauf für heute angekündigt hatten.

Ein Panne, wie es sie eigentlich in unserer gut eingespielten Marktwirtschaft gar nicht mehr geben darf, zu Mal die Nachfrage bekannt und vorhersehbar war. In den USA würde der Vertriebsleiter – ist es einer von Gruner & Jahr (?) – nach diesem Malheur, am Montag seine sieben Sachen packen können. Also, der Satz die Nachfrage bestimmt das Angebot, gilt doch nicht. Umgekehrt wird ein Schuh draus – das Angebot bestimmt die Nachfrage.

Sollte der kleine Charlie gar nicht existieren, er wird doch keine fata morgana sein?
Haben sie ihn nicht auf den Weg gebracht oder nur rudimentär? Ist das Absicht?
Es heißt, es wären 1000 Exemplare an den Deutschen Distribiteur gegangen.
Was für ein Marketingplan steckt dahinter? Einer, wie der von „Mon cherie“?
Mein Eindruck, die Nachfrage wird bewusst knapp gehalten, um die Leute zu frustrieren!
Alles Spekulation, ein neuer Termin wird für die Ausgabe genannt.

Übrigens, auch in den Niederlanden sind nur wenige Exemplare an den Mann/ die Frau gegangen. Dus, waar is Charlie? Hoezo is de distributie so slecht? Is dat opzet?

Der Zeitungshändler am Bahnhof sagt mir, laut Auskunft seines Lieferanten, wird die Auslieferung für den 20.01. erwartet, dann wäre ganz sicher auch ein Exemplar für mich drin, ob es die französische oder die deutsche Ausgabe sei, könne er mir aber immer noch nicht sagen.

Raubkopien wären jetzt die Antwort auf das Versagen des Verlegers. Jetzt müssten die Preise für das Magazin in die Höhe schießen – im Netz kursiert ein Angebot bei Ebay von 500 €.

Wo sind die 5 Millionen Exemplare von Charlie? Il y à seulement une milion, je pense.
Quelques 1000 d’exemplaires pour l’Allemagne. Il n’on a pas assez des locuteurs ici.

Eine hypokrite Situation…..

Da heißt es nun: „wir sitzen alle in einem Boot, der Sturm der uns entgegen pfeift ist heftig, aber wir werden ihm trotzen“. Die drei „weisen aus dem Morgenland“ werden uns nicht die Suppe versalzen oder gar in Angst und Schrecken versetzen, dass wir aufhören mit spitzem Stift zu schreiben und auch noch die Tusche vertrocknen lassen, Sicher ist, es ist sehr viel mehr Spott nötig, um der aktuellen Situation gerecht zu werden. Was ist los in Europa?

Landesweit gehen drei Millionen Menschen auf die Straße – Vive La France, und aus den Häuserschluchten erklingt hundertfach die Marseillaise. Gut, nicht so ergreifend wie, wenn Edith Piaf sie singt, aber Gänsehaut feeling puur, ist garantiert. Auch wenn der Text mächtig blutig ist, aber vielleicht ist es genau das, was jetzt zählt, weil das, was in den Redaktionsräumen von Charlie Hebdo passiert, so blutig war, wie wir es uns nicht haben vorstellen können.

Ein Demonstrant in Paris trug ein Schild, mit folgendem Text: „je marche mais, je suis conscient de la confusion et de l’hypocrisie de la situation!“. Was hat er wohl damit gemeint? Dass da Juden und linke Journalisten hingerichtet wurden und jetzt die ganz Welt brüllt „je suis charlie“?
Es waren ja nun nicht gerade Journalisten des Establishments, die da beweint und denen die letzte Ehre (NIls Minkmar/ FAZ) erwiesen wurde und wegen einer Handvoll jüdischer Männer so viel Tamtam? Bitte, was soll das alles? – Worum geht es hier eigentlich?

Die 50 Staatsmänner/frauen stehen nicht für die Unantastbarkeit der Würde des Menschen. Man könnte auch sagen, denen sind die Werte der französischen Revolution doch schon lange sch… egal. Nehmen wir nur den Angriff auf die Privatsphäre durch die Geheimdienste und der damit verbunden Verlust der Bürgerrechte. Charlie Hebdo hat in einem Haifischbecken der konservativen Medienwelt versucht zu überleben und dabei einen fast aussichtslosen Kampf geführt. Charlie Hebdo war nicht zögerlich und teilte gegen jeden aus, gegen die Heuchelei aller Ortens.

Jetzt wird die Schuldfrage diskutiert, folgt Analyse auf Analyse, um zu verstehen, was unverständlich bleiben wird, für all die, die mitempfinden und vom eigenen Selbst distanziert unterwegs sind. Die Frage der Fremdenfeindlichkeit wird diskutiert, ob wir genug tun, um die Migranten willkommen zu heißen, oder ob die Migranten genug tun, um sich zu assimilieren?

Der Berliner Migrantenforscher Ruud Koopmans wartet u.a.mit folgenden Zahlen auf, zum Thema Fremdenfeindlichkeit (Xenophobie) unter Muslimen: 45% von 9000 befragten Migranten sind judenfeindlich. Er kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis: „Religiöser Fundamentalismus unter Muslimen ist in Westeuropa kein Randphänomen„. Andererseits bleibt es mir schleierhaft, wie so die überwiegende Mehrheit der Muslime den Terror des fanatischen Islamismus, denen mehr Muslime zum Opfer fallen, als Nicht.Muslime, so klaglos hin nehmen und sich nicht lauter und nachdrücklicher zur Wehr setzen.

Man fragt sich viel viel Kritik verträgt der Koran, von mir aus auch die Tora und die Bibel? Nicht viel, stelle ich fest. Die Bücher werden heroisiert, obwohl sie nur Gleichnisse enthalten, gelten sie als Gebrauchsanweisungen für ein durch aus hoch komplexes Leben in der heutigen Zeit. Alle drei Werke werden deutlich überschätzt. Bitte, würden wir die Smartphones bedienen wollen, nach eine Anleitung aus dem 19. Jahrhundert? Ganz bestimmt nicht! Es würde nicht funktionieren. Die Bücher sind alt und haben ihre Pflicht und Schuldigkeit getan, lasst sie was sie sind – alte Bücher, mit einem hohen literarischen Wert. Aber das war es dann auch.

Die Journalisten von Charlie Hebdo sind Märtyrer der Pressefreiheit, wie die Kriegsfotografinnen Anja Niedringhausen und Camille Lepage.
„JE SUIS CHARLIE“ markiert die Geburt eines Widerstandsgeistes, der unserer besten geschichtlichen Tradition würdig ist“, so der französische Philosoph Henry Lévy in der FAZ.
Ein schöner Gedanken und ich hoffe er behält mit seiner Annahme recht und wir werden in den kommenden Wochen und Monaten erleben, dass die Demonstrationen in Paris wirklich tiefere Spuren in unserer europäischen Zivilgesellschaft hinterlassen.

Die 12 Autoren von Charlie Hebdo waren nicht die Lieblinge des politischen Establishments, auch nicht hier in Deutschland. Für viele waren es trotzkistische Kommunisten, nicht liberal, echte antibürgerliche Nonkonformisten. Was sich da auf den Straßen zwischen Place de la Republique und den Place de la Nation versammelte, war eine bunte Melange, die oft genug nicht gut auf Journalisten an zu sprechen war. Es bleiben bei aller Analyse die Fragen: Wieso der Hass auf Juden und linke Journalisten? Wieso darf nicht gespottet und mit spitzem Stift geschrieben werden, wieso muss alles glatt gestrichen und gebügelt werden? Der öffentliche Diskurs ist unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit gestutzt worden, aber wie die Täter von Paris an Kriegswaffen kommen konnten, diese Frage kommt im öffentlichen Diskurs, nur hinter vorgehaltener Hand zur Sprache. Das ist doch Hypokrit!

In Amsterdam, Paris und Berlin nehmen die Attacken gegen Juden zu, es ist keinesfalls so, dass 80 Jahre nach der Machtergreifung Juden ungefährdet, mit Keppi auf dem Kopf über die Straßen in Europa laufen können. Sich vor Übergriffen und Anfeindungen zu schützen gehört auch nach 45 zum Alltagsleben europäischer Juden. Juden werden faktisch vor die Wahl gestellt ob sie weiter in Paris. A’dam. Berlin oder in Tel Aviv leben wollen. Dabei ist nicht der Einzelne Muslim das Problem, siehe Lassana Bathily, sondern die von Hasspredigerns aufgepeitschten Horden, die Tod den Juden skandieren.

Der 07.01.2015 ist für Europa, was der 9/11 für die USA ist, eine Zeitmarke. Nie waren die Staaten so stark, nie hatten sie so viel Geld aus Steuereinnahmen und doch sind sie nicht in der Lage unsere Bürgerfreiheiten zu garantieren. Sie können tatsächlich nicht verhindern, dass paramilitärisch organisierte Psychopathen eine Zeitungsredaktion stürmen. Das kann heute an jedem anderen Ort in Europa wieder passieren und da ist die Angst der Zeitungsverleger verständlich und doch sind es nicht die Wutbürger in Dresden, die die Redaktionen stürmen werden, sondern religiöse Fanatiker – die im religiösen Empfinden verletzt, einem Wahn frönen.

Es braucht sehr viel mehr Spottlust und die abrahamitischen Religionsgemeinschaften müssen sich den Spott und Humor auch gefallen lassen. Dem politischen Diskurs ist sowieso der Humor abhanden gekommen. Wir brauchen weniger Gesinnungsjournalismus, weniger Meinungsmache und dafür sehr viel mehr Aufklärung. Wir brauchen scharfzüngige Satire, gerade im Umgang mit den Komfortzonen des Tagespolitik. Spott darf nicht gefällig sein, er soll pointieren, die Karikatur unterstreicht clownesk, was mit Worten nicht auf den Punkt gebracht werden kann. Nils Minkmar schreibt treffend unter der Überschrift „Die Schüsse der Terroristen“, ich würde präzisieren – religiösen Fanatikern „galten einem Prinzip“,
(FAZ, vom 11.01.2015):

Wir sind bei „Charlie Hebdo“ in die Schule der Anarchie gegangen. Sie ist die eigentliche Ressource Frankreichs. Jetzt müssen wir zeigen, was wir gelernt haben.

Die ganze Situation ist hypokrit, aber wir marschieren mit und weiter, und hoffen auf bessere Zeiten. Oder eskaliert das ganz doch und endet in einem riesigen Desaster?

 

#LibertyMarch #MarcheRepublicain #CharlieHebdo

libertémarch_10.01.2015

Der Himmel reißt auf, die Sonne gibt den Blick frei. Heute ist Paris das Zentrum der freien Welt. Die Stadt, die wie keine andere auf dem Kontinent für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit steht. Jenseits allen Pathos, werden in einer 1/2 Stunde gut eine Million Menschen, zwischen dem Place de la République und dem Place de la Nation schweigend los marschieren und zum Ausdruck bringen, was unüberhörbar sein sollte. „JeSuisCharlie!“

Ich und wir lassen uns nicht unsere Freiheit von religiösen Fanatikern, welcher Couleur auch zerschießen. Wir sagen Nein zu allen Versuchen, die Errungenschaften der französischen Revolution einem religiösen Diktum zu unterwerfen. Es beginnt ein beispielloser Trauermarsch zu ehren der 17 Helden von Paris, die diesen Tot nicht verdient haben. Wenn es einen G’tt gibt, einen gerechten, dann hätte er dies genauso verhindern müssen, wie Auschwitz und alle anderen Barbareien, die Menschen Menschen zufügen, wo auch immer in der Welt.

Die beiden hier gezeigten Bilder markieren für mich den Anlass für meinen Widerstand und ich fordere alle auf, mit Spott und klaren Worten die religiösen Fanatiker, welcher Couleur auch immer, in Schranken zu weisen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Und erzählt mir nicht, es wäre k e i n e  Frage der Religion – quatsch es ist sehr wohl eine Frage der Glaubenssätze. Die Vernichtung der Redakteure von Charlie Hebdo ist ein Angriff auf das Selbstbestimmungsrecht der freien Presse und ein Angriff gegen alle Frei- und Querdenker, die sich nicht einem moralischen oder geistigen Diktat unterordnen wollen. Sie waren das unbeugsame Völkchen jenseits der politischen Eliten. Ihr Zaubertrank war der Stift, die Tiusche und der MagicMarker.

Wie, der Anschlag auf #CharlieHebdon wird instrumentalisiert?

Ja, heute erscheint in vielen Deutschen Zeitungen unter der Headline „Wehren wir uns“ folgender Aufruf und folgende“ infame“ Karikatur. Auftraggeber ist der Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger. Diese Karikatur setzt gleich, was nicht gleich zu setzen ist.

Quelle BDZV via Stefan Niggemeier
Quelle BDZV via Stefan Niggemeier

Mit dabei die FAZ, vertreten durch den Herausgeber Berthold Kohler. Erschienen, am Vorabend, In der Onlineausgabe der Zeitung. Passend, zum 125. Geburtstag von Kurt Tucholsky. Schon der Kohlersche Kommentar tags zu vor, hat mich erzürnt, leider war die Kommentarfunktion aber schon geschlossen, bevor ich meine Kritik an der Argumentation posten konnte. Im Folgenden meine Anmerkungen, verbunden mit Stefan Niggemeiers Medienkritik, siehe Blog. Ich schrieb:

Die Fremd- und Selbstwahrnehmung sind zweierlei Paar Schuh und scheinbar der Konflikt bei den Deutschen Zeitungsverlegern.  Was da miteinander verglichen wird ist unvergleichbar, die Gleichsetzung der Absichten der Demonstranten und der Täter von Paris ist infam.

  1. Der Anschlag von Paris ist ein Angriff auf die Meinungs- u. Pressefreiheit im Allgemeinen und Speziellen. Ein Anschlag gegen einen kleinen Verlag, der eine Minderheitenmeinung vertritt und dessen Ansichten nie Chancen hätte z.B. in der FAZ veröffentlicht zu werden.
  2. Der Anschlag es ist eine Kriegserklärung an Europa und den Geist der Aufklärung und im speziellen eine Kriegserklärung an die Stadt Paris. Die Verlagshäuser in Deutschland waren nicht das Ziel, insbesondere nicht die, die sich, in voreilenden Gehorsam, selbst verboten haben islamkritische Karikaturen zu publizieren.
  3. Die Erklärung des Bundesverbandes der Deutschen Zeitungsverleger ist beschämend u. eine Anmaßung. Hier werden die Täter u. die Barbarei von Paris verharmlost und relativiert.
  4.  Der Protest der Bürgern von Dresden hat rein gar nichts mit den Anschlägen in Paris gemein.
  5. Der Begriff Lügenpresse echauffiert allein die Journalisten und Herausgeber, die genau wissen, was damit gemeint ist und sich ertappt fühlen und dies zu recht. Solange sich ein Teil der Presse mit der politischen Elite gemein macht und statt aufzuklären u. zu informieren Gesinnungsjournalismus betreibt , ist die Kritik an ihr nur berechtigt u. der Begriff Lügenpresse hart, aber fair. Ich erinnere mich gut wie einseitig und tendenziös über den Konflikt in der Ukraine berichtet wurde, zuweilen hatte ich das Gefühl, der verlängerte Arm der Adenauerstiftung sitzt in den Redaktionen.
  6. Die Verleger werden sich nicht angesprochen fühlen, die informieren und keine Meinung manipulieren,.

Wer die Absichten der Mörder von Paris gleichsetzt, mit den Absichten der Demonstranten von Dresden, instrumentalisiert und noch schlimmer, er relativiert auf unerträglicher Weise ,die Barbarei der Täter und verzerrt den Mut und das Engagement der getöteten Redakteure und Karikaturisten von Charlie Hebdon.

Vous n’êtes pas Charlie!

„Die Zeitungsverleger instrumentalisieren das Attentat von Paris für ihren Kampf gegen Pegida. (..)Es ist jedenfalls auch die Sorge, dass sich diese Leute durch solche Reaktionen der Zeitungen noch bestärkt und bestätigt fühlen.“, wie Stefan Niggemeier schreibt und ich stimme ihm darin zu.

je suis charlie – #keepwriting

Frau V.: “Aber man muß doch seine Freude haben können an der Kunst.”
Johannes: “Man kann viel mehr haben an der Kunst als seine Freude.”

Gerhart Hauptmann

Zwölf Aufrechte des Charlie Hebdo Teams hingerichtet und Millionen Leser verletzt.
Was fehlt? Der Dialog? Was bleibt? Eine Fiktion, nie verworteter Empfindungen.
Alles steht im Konjunktiv, weil nichts klar ist und alles Spekulation, in den Stunden und der ersten Nacht nach dem Anschlag.

Q:“Ehrlich, hab ich Dich verletzt?“ – Vous ai-je mal? Honnetement!
A: „Was weiß ich viel? -Ce que je sais beaucoup!“
Und weiter, dann aber im Himmel, denn die Redakteure kommen sicher in den Himmel, alles andere wäre ungerecht und das Unrecht müsste spätestens an dieser Stelle aufhören, das Schicksal der Männer weiter zu bestimmen.

Q:“Avez-vous encore de la douleur?
A:“Ich kann es dir nicht mehr sagen. Ich fühle nichts, aber ich habe es befürchtet, dass es fatal enden wird, mit mir. Ich traure um die andern. Doch, wieso fragst du? Jetzt, willst du mit dir reden? Und wie, wenn du da unten noch lebst. Hier im Jenseits, funktioniert das so nicht. Übrigens, was ist mit den Jungfrauen, die auf dich warten? Wie, du stehst nicht auf Frauen, deshalb lebst du noch? Dir ist ist aber auch nichts mehr heilig!
Wir sind auf einer Reise und ich weiß nicht wo die Reise hingeht.“

Charlie weint und nicht nur er. Die Welt hat nicht genug Tränen. Diese Tränen sind keine Peanuts, denn am 07. Januar 2015 wurde uns allen bewusst, wie gefährlich die Zeiten sind. auch für uns, für die schreibende und zeichnende Zunft in Europa. Gewiss ist uns, der Staat kann unsere Privatsphäre nicht mehr schützen, vor überengagierten fremden Diensten und auch nicht die Meinungs- und Pressefreiheit, vor denen verteidigen, die sie unterbinden wollen, wie vehement er das auch bestreitet. Die Repräsentanten des Staates werden sich rausreden, mit dem Satz, die absolute Sicherheit gebe es eben nicht. Sie haben uns ja auch aufgefordert, die sog. religiösen Gefühle nichts zu verletzen, mit den Bildern usw., dabei haben sie nicht beantworten können, was denn bitte ein religiöses Gefühl ist oder meinten sie eben doch die religiösen Glaubenssätze? Dabei geht es gar nicht um die absolute Sicherheit, sondern um die Freiheit. Eine unteilbare Meinungs- und Pressefreiheit, die letztendlich doch zu einer Frage des Geldes und der Macht geworden ist. Es sind nicht die Journalisten und Blogger, die diese Freiheit besitzen, heute genießen nur jene die Meinungs-und Pressefreiheit, die Herausgeber- und Providerstatus besitzen.

Die Toten sind die ersten Journalisten die in ihren eigenen Redaktionsräumen hingerichtet wurden und nicht, wie die Fotografinnen Anja Niedringhausen und Camille Lepage in Kriegs- und Krisengebieten, die sie für ihre Recherchen aufsuchten. In den kommenden Tagen werden die Trauermärsche lang sein, wenn Paris seine Toten beisetzt. Die Vorstadtkinder von einst, die sich Charlie Brown zum Vorbild genommen haben, den ewigen Verlierer, sind jetzt tot und mit ihnen auch ihre Passion, ihre Leidenschaft und ihr radikaler Geist, der sie antrieb. Dies zu ersetzen ist eigentlich unmöglich und das war die Absicht ihrer Mörder. Zwei Psychopathen, ein Killerkommando, ein eingespieltes Team. Wer tut so etwas, so barbarisches und besitzt auch noch die Geistesgegenwart, nichts von sich zu hinterlassen, als die Tod bringenden Gewehrkugeln. Abgebrüht und austrainiert. Das wird für die Verfolgungsbehörden keine leichte Sache, die Täter lebend zu fassen.

Braucht es mehr Spottlust á la Charlie Hebdo?
Ja! Dem politischen Diskurs kommt der Humor abhanden. Wir brauchen weniger Gesinnungsjournalismus und mehr Spottlust, mehr scharfzüngige Satire – gerade im Umgang mit den Komfortzonen der Tagespolitik. Spott muss nicht gefallen, er soll nur pointieren, was mit Worten nicht auf den Punkt gebracht werden kann.

Waren Sie respektlos, die Herrn von Charlie Hebdo?
Nein, sie waren unbeugsam, kompromiss- und schonungslos radikal. Der Meinungsfreiheit verpflichtet. 12 Gerechte, die mit ihrem Zeichenstift unbeugsam und furchtlos, couragiert und engagiert die Werte der Aufklärung verteidigten. Heute, in der postdemokratischen Zeit stehen diese Grundwerte der Aufklärung, selbst in der Stadt der Aufklärung -dans la ville des Lumières, zur Diskussion. Die Sekuritätssucht wird auch dieses Ereignis nutzen, um weitere Einschränkungen zu rechtfertigen. Nichts brauchen wir so sehr, wie den Geist dieser aufrechten 12 Männer. Wer wird die Lücke füllen? Wer wird an ihrer Stelle, denen die Stirn bieten, die uns ängstigen und mundtot machen wollen? Wir?

Unsere Waffen ist der Bleistift, ist der Griffel, ist die Tinte und Tusche, der MagicMarker, der Fineliner – nutzen wir ihn und hören nicht auf zu schreiben. #keepwriting

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