Wie wahr! Der Satz als Headline auf der Homepage der FAZ. Das tut gut. Der Mann hat meine ganze Solidarität und Empathie was seine Opferbereitschaft betrifft. Es gibt wohl nur wenige Persönlichkeiten in Deutschland die dieses Standing haben. Was Helmut Kohl mit ihm menschlich und politisch gemacht hat war nicht in Ordnung, aber das zeigt auch, dass der Mensch Schäuble und der Mensch Kohl von einer Illusion fasziniert waren, die dann wie eine Seifenblase geplatzt ist.
Enttäuscht kannst du ja nur von einem sein, wenn du dir ein anderes Bildnis gemacht hast. Es scheint, dass das Bildnis zwischen den beiden Herren nie real war. Was zwischen Kohl und Schäuble ablief beruhte auf einer Illusion. Du kannst nur so lange ein guter Narr sein, solange die anderen noch über dich lachen. Wie Schloss und Schlüssel müssen die Paare passen. Aus meiner Perspektive hat Kohl seinen politischen Weggefährten zum nützlichen Idioten gemacht. Kohl hat die uneingeschränkte Loyalität nicht erwidert, er hat sie für sich und seinen Größenwahn missbraucht. Schäuble hat das, mit und nach der Parteispendenaffaire bitter zur Kenntnis nehmen müsse. Auch weil er, entgegen seinem Wesen, in diese Affäre mit verstrickt wurde, die 100’Tausend Mark im Aktenkoffer sind eine schwere Bürde für den Mann, der als unbestechlich erscheinen will.
Schäuble an die Kandare. Das hätte schon beim Einigungsvertrag passieren müssen. Wer aber sollte das tun und die Zügel aufnehmen und diesen Berserker des deutschen Politbetriebs bremsen? Es war sein Kunstgriff die Einigung Deutschlands, von der wir uns alle nie getraut haben zu träumen, über den Artikel 23 des GG zu realisieren. Er hat den Geist des Grundgesetzes ignoriert und keine Verfassungsdiskussion zu gelassen, nach der sich dann das deutsche Volk, in freien Wahlen, wieder vereinigt, seine eigene Verfassung gibt. Jetzt sind wir ein Volk ohne Verfassung, nur mit einem Grundgesetz, die Nachbarn in Europa sind da weiter.
Aber Wolfgang Schäuble stört das nicht, er findet auch dieses Getue um die Volksmeinung und Mitbestimmung völlig überbewertet. Der Staat muss stets handlungsfähig bleiben und sich von allen Strukturen befreien, die diese Handlungsfähigkeit ausbremst.
Volksentscheide und die direkte Demokratie sind, in seinem Staatsverständnis solche Bremsen, die den starken Staat schwächen.
Schäuble macht den Geist des Grundgesetzes zu einer Farce, weil bei ihm die Staatsräson an erste Stelle steht und nicht die Verfassungsräson. Er wird den Begriff gar nicht benutzen.
Es war sein erster Sündenfall, es sollten zwei weitere folgen, der mit der Einführung des Euros und der mit dem ESM Vertrag. In allen Fällen spielte Schäuble als Jurist eine entscheidende Rolle und in allen Fällen begründet er seine Entscheidungen stets mit Eile, Zugzwang und der Staatsräson. Niemand in der deutschen Politik nach 45 hat mit solcher technokratischen Härte die Staatsräson durchgesetzt und angemahnt. Schäuble will den starken Staat und den kontrollierten Bürger. Disziplin und Aufopferungsbereitschaft verlangt er von sich und von uns allen. Dabei hat er den Blick für die Empathie verloren, für die die Identität stärkenden Momente einer Demokratie. Er hat kein Gefühl dafür, wann die Bevormundung des Bürgers kontraproduktiv ist und dass das deutsche Volk gefragt werden will, ob nun zur Einheit, der Einführung des Euro, oder den weitreichenden Konsequenzen aus dem ESM Vertrag.
Wolfgang Schäuble verlangt von uns Opfer, damit sein Deutschland über allem in der Welt blühe. Leider gibt es niemanden der diesen Mann einfängt, es sei denn er selbst.
Ob er je einmal darüber reflektiert, was er bewegt und verhindert hat?
Wieso halten wir ihm nicht den Spiegel vor und schicken ihn endlich nachhause in die schwäbische Provinz? Hanoi!