Die Piratenpartei und das Gewaltmonopol nach Istanbul und Frankfurt am Main

Beiträge aus dem beschädigten Leben

Kurzfassung: Die gewaltsame Auflösung der Frankfurter Blockupy Demo bestätigt die Dringlichkeit unabhängiger Kontrolle Staatsgewalt ausübender Behörden.

Bei Gewaltakten der Polizei ging es immer darum, mit dem Gewaltmonopol des Staates „Ruhe und Ordnung“ zu garantieren und gleichzeitig das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen. Die Gewaltakte, die uns in den letzten Tagen aus der Türkei und aus Frankfurt (nur wenig) bekannt wurden sind dafür beispielhaft. Frankfurt ist das bundesrepublikanische, demokratische, dadurch abgemilderte Äquivalent zur menschenverachtenden Gewaltorgie am Bosporus.

Die Piratenpartei hat sich bisher nur rudimentär mit der Frage des Gewaltmonopols auseinandergesetzt. Dies soll ein erster Versuch der vertiefenden Auseinandersetzung sein.

Das Gewaltmonopol des Staates

Der von Max Weber geschaffene Begriff „Gewaltmonopol des Staates“ bezeichnet im Staatsrecht die ausschließlich den staatlichen Organen vorbehaltene Legitimation, physische Gewalt auszuüben oder zu legitimieren. Dieses Prinzip gilt als Grundlage für das Funktionieren von Staaten.

Folgt mensch dem Gedankengang von Max Weber, ist die Gesellschaft eine Arena von…

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Wie ich #Blockupy Frankfurt 2013 erlebte und was wahr ist!

As live scribes

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Samstag, 1. Juni 201311 Uhr, Baseler Platz, Frankfurt am Main

Samstags morgens so ca. halb elf auf der 
Autobahn Richtung Frankfurt/Main. 

Bereits schon an der Ausfahrt Rödelheim 
wurden wir abgefangen und an der Weiterfahrt 
gehindert. Die Begründung lautete: 
"Es wären schon Demonstranten auf der Fahrbahn!" 
Als ich zurück auf die Autobahn blickte, 
sah ich: EINE LEERE AUTOBAHN!

Also bogen wir ab und fuhren über Umwege 
in Richtung Bankenviertel, was auch nur 
gelang, weil wir Schleichwege nahmen, 
die von der Polizei scheinbar nicht mit 
eingeplant waren! Alle größeren Zufahrtswege 
waren geblockt und zwar schon mehrere 
Kilometer vor dem Sammelplatz 
der Demo! Zwiebelartige Blockaden 
könnte man das nennen.
20130601_112216 Als wir dennoch ziemlich nahe des Sammelplatzes einen Parkplatz fanden und uns Richtung Baseler Platz begaben, waren wir erstaunt, welche Massen an Menschen sich in Frankfurt eingefunden hatten und vor allem aber auch über die verschiedent- lichsten Gruppierungen, die man sonst nicht wirk-…

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7 Fragen: Augenzeuge eingekesselt #blockupy

„No pasaran“, macht die Polizei

An dieser Stelle empfehle ich ausdrücklich den Augenzeugenbericht von Stefan Rudersdorf. Eine sprachlich herausragende Beschreibung der Verhältnisse und Vorgänge, gut belegt und unterfüttert, ohne Pathos, ohne suggestiv zu sein,  ganz beschreibend. Für mich ein Beispiel für Qualitätsjournalismus im Netz.  Im Netz gibt es weitere Videos [1] und Augenzeugenberichte die den Einsatz der Polizeikräfte und das Verhalten der Demonstranten dokumentiert.

Ich zolle allen eingekesselten Menschen großen Respekt für ihre dauernde, gewaltfreie Haltung, trotz all der peinlichen Provokation der Staatsmacht. In der F.A.Z. Online wurde dies schon am Abend des Samstages heftig diskutiert. Meine Beiträge dazu habe ich hier im folgenden zusammen gefasst. Ich solidarisiere mich auf diesem Weg auch mit den #blockupy Aktivisten von #attac und allen anderen. Sollten wir nicht im nächsten Jahr, zur Eröffnung der neuen EZB Zentrale, mit Regenschirm, Sonnenbrille und vielen Torten erneut zur Demonstration antreten?

„Mehr Rettungsschirme für die Demokratie“

Nach diesem schwarzen Samstag in Frankfurt muss auch dem letzten Biedermann klar geworden sein, dass es mit unserer Demokratie nicht gut bestellt ist und der Begriff entkernte Demokratie passt. Es ist ein weiterer Meilenstein auf einem langen Weg, der schon vor Jahrzehnten seinen Anfang nahm. Auch wenn Willy Brandt, in seiner ersten Regierungserklärung, zu „mehr Demokratie wagen“ aufrief, ist doch genau das Gegenteil erfolgt. In Salamimanier wurden peu à peu die Grundrechte immer weiter eingeschränkt, so auch die Versammlungsfreiheit. Der Deutsche darf sich versammeln und demonstrieren, wenn er diese Demonstration ordnungsgemäß anmeldet und die Ordnungsbehörde ihr Ok dazu gibt. Das ist eine schöne Freiheit, eine Freiheit, die ich mir genehmigen lassen muss. Hier stimmt was nicht im Grundverständnis des Grundgesetzes, sollte das der Geist sein, der eine Antwort auf die Jahre der Nazi-Diktatur war?

Großspurig hat man uns die Demokratie erklärt und das die Macht unmittelbar vom Volk ausgeht, spätestens nach den ersten Wahlen kapierte ich, dass Parlamentswahlen in Deutschland eine Farce sind, wir machen unser Kreuz auf einer Liste von Kandidaten, von denen wir bestenfalls eine Person kennen und zu einer Partei, die uns ein Wahlprogramm vorlegt, dass gar nicht bindend ist. Wir erteilen einen Blankoscheck und zahlen am Ende dafür auch noch die Zeche. So stelle ich mir die Partizipation an unserer Zivilgesellschaft nicht vor, kein organisches und dynamisches System funktioniert so, deshalb auch nicht dieses System der Parteiendemokratie.

Der ideale Mitarbeiter muss heute projekt- und themenorientiert denken, der Staat nicht. Geht das zusammen? Nein, das geht nicht, da laufen dann die Prozesse auseinander, auf der einen Seite werden die Prozesse immer effizienter, im negativen Kreislauf kontrolliert und auf der anderen Seite verharren die staatlichen Strukturen in unzähligen  Verordnungen verstrickt, die ohne Kreisschluss angewendet werden, ungeachtet der Tatsache, dass sie Unmengen von Ressourcen blockieren. Was zeichnet unseren Staat aus? Er blockiert Entwicklungen und bremst die Bürger aus, so baut sich eine massive gesellschaftliche Blockade auf. Genau das Bild hat auch die Polizeiführung am Samstag erfüllt, zu mehr war sie nicht in der Lage, überfordert und inkompetent. Der Staat tritt gegen seine Bürger an und demonstriert seine Blockadepolitik. „Schwarze Schattenreiter, gesichtslos und martialisch, Nazguls die Vorreiter einer ominösen Macht, die von Gier und Misstrauen gegen jeden geprägt ist und das eigene Leben nur erträgt, wenn sie alles und jeden kontrolliert, beherrscht und bevormundet.“

Die Situation am Samstag kann als Übertragung im psychoanalytischen Sinne verstanden werden. Schwarz vermummt tritt die Polizei an, um den schwarzen vermummten Block zu bekämpfen. Merkwürdig nur, dass 99% der Demonstranten, weder schwarz vermummt noch in einem geschlossenen Block aufgetreten sind, sondern bunt und kreativ.

Einkesseln ist unverhältnismäßig

Die Polizei sollte unbedingt abrüsten, mit offenem Visier auftreten. Deeskalierende Strategien sehen anders aus, die Bilder von schwarz gekleideten Polizisten in doppelter Mannschaftsstärke erwecken den Eindruck, als ob der Staat von 7000 Demonstranten einen Staatsstreich erwartet hätte. Die Polizei hat nach den vermummten Ausschau gehalten und sie gefunden. Das gespaltenen Verhältnis der Polizeiführung zur FDGO macht mir Angst und empört mich.

Bilder sagen mehr als tausend Worte. Die Bilder die von Mainhatten ausgehen, sind die mit Pfefferspray u. Knüppeln hochgerüstete Polizei, Absperrgitter mit Nato-Stacheldraht, ganze Straßenzüge mit gepanzerten Einsatzwagen blockiert, in der Luft kreisendem Hubschrauber, tropfende Wasserwerfer. Worauf haben sich die Strategen der Polizei vorbereitet? Schon 50 km vor der Stadtgrenze werden ausgiebige Personenkontrollen durchgeführt und das alles, um die allgemeine Ordnung zu handhaben. Bei dieser staatlichen Hochrüstung, gegen den europäischen Protestbürger, gerät das Demonstrationsrecht und die Demokratie unter die Räder.

David gegen Goliath, „der Stärkere gibt doch nach“, so sagen wir das den Kindern schon im Kindergarten, von dieser Gesinnung ist wenig übrig geblieben.

Das Schweigen der etablierenden Parteien in Berlin ist empörend und eine Frechheit. Verlogen ist, wenn die gleichen Politiker, die zu den Ausschreitungen in Frankfurt die Zähne nicht auseinander kriegen, und zu den brutalen Vorgängen in der Türkei lautstarke Empörung mimen. Ich frage mich:

  1. Wieso sind Ordnungshüter die zu Demonstrationen abkommandiert werden schwarz uniformiert, vermummt und treten nicht mit offenem Visier an?
  2. Wieso haben Deeskalationstrategien (DES) bei der Polizei nicht grundsätzlich Vorrang?
  3. Wieso ist die Polizei gesetzlich nicht dazu verpflichtet die Einhaltung dieser DES-Strategie lückenlos zu dokumentiert und diese Dokumentation einem unabhängigen Ombudsmann zur Prüfung zur Verfügung zu stellen.?
  4. Sollte die Ausübung des polizeilichen Gewaltmonopols nicht die ultimo Ratio aller Strategien sein und sollten sie nicht ebenfalls lückenlos dokumentieren?
  5. Hat nicht der Schutz der Grundrecht oberstes Priorität?
  6. Sollten nicht vermummte Beamte grundsätzlich mit einer individuellen Kennzeichnung sichtbar  versehen sein?
  7. Muss nicht ein grundsätzliches Umdenken bei den Polizeibehörden hinsichtlich ihres Rechtsverständnisse im Umgang mit den Grundrechten stattfinden?

Presse/Blogs Links

  • ad F.A.Z.; vom 2.06.2013 Link, Qualitätsjournalismus von Katharina Iskandar
  • ad SZ; vom 3.06.2013, „Eine Schande für Frankfurt“Link
  • ad FR; vom 4.06.2013 Link
  • ein aufschlußreiches Bild, sage niemand die Polizei hätte das nicht geplant!
  • Blog von Carmen Treulieb;  Blockupy 2013: Polizeilicher Konjunktiv Link
  • Blog gaejawens; Wie ich #Blockupy Frankfurt 2013 erlebte und was wahr ist! Link