„Eine Nachricht ist erst dann eine Nachricht, wenn der zweite Blick den ersten Blick bestätigt.“


Die lange Überschrift, wie auch das folgende Zitat stammen von Josef Pulitzer, der Mitte des vorletzten Jahrhunderts  aus der K und K Monarchie, von Hamburg aus in die USA immigrierte.

Heute an ihn zu erinnern ist wichtiger den je, er steht für einen neuen Journalismus, wie er ihn vor 150 Jahren eingefordert hat und wie er sich in der Mitte 20. Jahrhunderts etablierte. Einem aufklärerischen Journalismus und keinem der Stimmung macht.

Die Zitate sprechen für sich und jeder der gerne schreibt und sich als Chronist seiner Zeit versteht, schadet sich nicht, wenn er sich an Pulitzer ein Beispiel nimmt. Gerade wir Deutschen sollten ihn tradieren, weil er für eine freidenkerische Kultur steht, die eng mit unserer Sprache und ihren Ausdrucksmöglichkeiten verbunden ist. Pulitzer fühlte sich bis zu seinem Tod dieser deutschen und europäischen Tradition verpflichtet.

„Es gibt kein Verbrechen, keinen Kniff, keinen Trick, keinen Schwindel, kein Laster, das nicht von Geheimhaltung lebt. Bringt diese Heimlichkeiten ans Tageslicht, beschreibt sie, macht sie vor aller Augen lächerlich. Und früher oder später wird die öffentliche Meinung sie hinwegfegen. Bekannt machen allein genügt vielleicht nicht – aber es ist das einzige Mittel, ohne das alle anderen versagen.“

Wie schwer sich Journalisten mit diesen Grundsätzen Pulitzers tun, zeigt die aktuelle Berichterstattung über die Krisen in Europa und der Welt. Sei es die Krise in Kleinasien, im Maghreb; sei es die Schuldenkrise Griechenlands und der Ostukraine oder die aktuelle Migartionskrise, sie alle stellen die Glaubwürdigkeit der Herausgeber und Journalisten auf dem Prüfstand. Statt Chronist zu sein, treten Journalisten als Aktivisten auf, instrumentalisieren das Objekt ihrer journalistischen Begierde. Sind eingebettet, drapieren Opfer und manipulieren Bilder – sie dienen einer Sache.

Da wird u.a. auch schon einmal eine satirische Attrappe zum monströser Galgen stilisiert, als ob die Jakobiner den Platz vor der Semperoper in Dresden besetzt hätten; als ob dort ein Schafott errichtet wurde, wie 1789. Es muss dick aufgetragen werden und dabei ist schon beim zweiten Blick offensichtlich in welcher Echoblase der eingebettete, content-orientierte Journalismus steckt.

Ein Ortswechsel an die Spree, ans Brandenburger Tor, ein anderes Bild. Hier wird ein hölzernes Schafott präsentiert und es ist doch keine empörte Nachricht wert, ein Shitstorm in den sozialen Netzen bleibt aus .

Ginge es den Journalisten der Republik nicht um Stimmungsmache, sondern um Information; um ein Thema, um die zunehmende Radikalisierung in unserer Gesellschaft, dann würden sie weder auf dem einen, noch auf dem anderen Auge blind sein; sie würden das Thema – die Radikalisierung im Allgemeinen und Speziellen ausgewogen, differenzierend beschreiben und würden vielleicht Fragen: Was ist schief gegangen bei der politischen Bildung in unserem Land? Sie würden nicht einseitig berichten; sie würden Pro & Contra sprechen lassen, denn erst in diesem Spannungsbogen kann sich der Leser, der Rezipient eine eigene Meinung bilden und Neugierde nach mehr Information entwickeln.

Wenn, am 18 März d.J., bei der Occupy Demo in Frankfurt, zur Eröffnung der neuen ECB-Zentrale autonome Gruppen ein duzend Polizeiwagen in Brand stecken und sich Straßenschlachten mit der Polizei liefern, dann wird das Ereignis, wie eine Selbstverständlichkeit in der deutschen Kundgebungskultur hingenommen. Wieso eigentlich spricht hier niemand von Krieg und einer Radikalisierung der Kapitalismuskritiker? Hier sind es nicht mehr nur verbale Brandstifter, hier sind es echte Brandstiftungen, die zweifelsfrei nicht in den politischen Diskurs gehören.

Die Unabhängigkeit und Überparteilichkeit des Journalismus ist perdu. Aktueller denn je ist dann auch der viel zitierte Satz des Anchormans Hajo Friedrichsen, wenn es um das Vertrauen in die Arbeit der Presse geht – sie ist perdu, weshalb Massen u.a. auf der Straße Lügenpresse skandieren.

„Das hab’ ich in meinen fünf Jahren bei der BBC in London gelernt: Distanz halten, sich nicht gemein machen mit einer Sache, auch nicht mit einer guten, nicht in öffentliche Betroffenheit versinken, im Umgang mit Katastrophen cool bleiben, ohne kalt zu sein. Nur so schaffst du es, daß die Zuschauer dir vertrauen, dich zu einem Familienmitglied machen, dich jeden Abend einschalten und dir zuhören.“

Das Wort haben heute die Extremisten auf beiden Seiten, die Hetzer und die Polemiker – hier werden Grenzen des Anstandes im Diskurs überschritten, die mich an die unsäglichen Berichten von vor 1933 erinnern. Ich fürchte, dass wir davon nicht mehr weit entfernt sind.

Wir brauchen nicht mehr autoritäre Moralapostel und Tugenwächter die Menschen bei ihren Arbeitgebern anschwärzen; Wir brauchen mehr moderate, liberale Vorbilder, die zeigen, wie der Diskurs gelingt – Menschen mit Rückrat, mit Charakter.

Wir brauchen schonungslose, mutige, unerschrockene Journalisten die Politiker, die meinen mit Drei-Wort-Sätzen Politik machen zu müssen, als das entlarven, was sie sind – Sprüchklopfer, PR-Puppen. Weder mit „Yes-We-Can noch mit „Wir-Schaffen-Das“ werden dringenden soziale Fragen gelöst.

Die USA sind nach 10 Jahren Obama nicht weniger rassistischen und die Welt der Schwarzen nicht weniger von Armut und Diskriminierung gekennzeichnet, als zuvor. Das Gegenteil der drei Wort Sätze ist wahr geworden. Die Bilanz der Politik Obamas ist dürftig, viel versprochen und wenig davon eingehalten. „No, I can’t“ – wäre treffender ausgedrückt.  Nicht anders wird es der Kanzlerin mit ihrer Flüchtlingspolitik ergehen, am Ende hat sie 3/4 der EU Partner gegen sich und das eigene Volk und dessen Hilfsbereitschaft vor den Kopf gestoßen.

Pulitzer und Friedrichs sind Beispiele aus ihrer Epoche, sie standen für einen Journalismus der nicht bevormundet, der aufklärt und informiert. Sie standen im Gegensatz zum Boulevard, der den geschwätzigen Stammtisch, das geschwätzige Kaffeekränzchen mit Gesinnung füttert.

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