Die doppelte Staatsbürgerschaft – die Achillessehne für das politische Amt


Das niederländische Parlament (Tweede Kamer) hat einen neuen Vorsitzenden gewählt, nachdem die Vorgängerin nach drei Jahren, wegen einer politischen Affäre zurück getreten ist.

Die neue Vorsitzende Mevr. Khadija Arib, vergleichbar mit dem Bundestagspräsidenten Lammers, sitzt seit 17 Jahren für die sozialdemokratische Partei (PvdA) im niederländischen Parlament. Doch die niederländische Öffentlichkeit ist gespalten, insbesondere die rechtsnationalen Teile im Land bezweifeln, dass Khadija Arib eine überparteilich neutrale Parlamentsvorsitzende sein kann.

Die neue Vorsitzende selbst definiert das Amt als einen Dienst am Parlament, doch wird sie ihren streitbaren Charakter dazu in Einklang bringen, sich zügeln? Das fragt sich die politische Niederlande. Wird ihr nicht sogar am Ende ihre doppelte Staatsbürgerschaft zur Achillessehne, wenn es darauf ankommt – Spitz auf Knopf? Wird sie immer durchgängig als Niederländerin oder dann und wann auch als Marokkanerin ihr Amt ausfüllen?

Selbst hat sie es sich zur Aufgabe gemacht, jene zu schützen die im Parlament beleidigt werden – der Adressat ist das Enfant terrible im Parlament, der PVV Vorsitzende Gert Wilders, der seinerseits die Wahl der Vorsitzenden als ein parlamentarisches Debakel bezeichnet und von einem falschen Parlament – „nepparlament“ spricht.

Wat een NEPPARLEMENT! De beste kandidaat – Martin Bosma – wordt het niet en we eindigen met een Marokkaanse Kamervoorzitter. #nepparlementmeint“ Gert Wilders, 13.01.2015 via Twitter

Gut, Wilders macht den Fehler vieler, den Gaul an den Karren zu hängen und nicht vor den Karren zu spannen – ein Fehler den viele machen, die lieber den politischen Gegner stigmatisieren, als ihn an seinen Taten zu messen.

Die Anhänger der neuen Vorsitzenden dagegen sind vollen Lobes über sie, halten sie für ein Beispiel gelungener Integration und Emanzipation. Bisher war sie stellvertretende Parlamentsvorsitzende und kennt das Amt. Kritiker haben u.a. ein Problem damit, dass nicht Niederländisch die Muttersprache der 55 jährigen ist. Khadija Arib kam mit 15 Jahren, mit ihren Eltern aus Marokko in die Niederlande.

Auch bei uns gibt es einen ähnlich gelagerten Fall. So besitzt Saswan Chebli, die stellvertretende Pressesprecherin unseres Außenministers die doppelte Staatsbürgerschaft. Im Gegensatz zur niederländischen Parlamentsvorsitzenden Arib ist Chelbi als staatenlose in Berlin geboren und aufgewachsen.

Die streitbare Chelbi beweist gerade in der Bundespressekonferenz immer wieder ihre Berliner Schnauze. Sie ist eine praktizierende Muslima die bewusst auf das tragen des Kopftuchs verzichten, weil sich dies ihrer Ansicht nach nicht mit einer politischen Karriere in Deutschland verträgt. Kritiker bescheinigen ihr schauspielerisches Talent zu haben – wenn sie „eloquent wie faktenreich zwei vollkommen widersprüchliche politische Positionen vertreten kann ohne ins Stottern zu kommen oder rot zu werden.“ Im Netz kursieren entsprechende Videomitschnitte – Chelbi vs. Chelbi, ihrer Auftritte in der Bundespressekonferenz.

Auch hier stellt sich die Frage, ob die doppelten Staatsbürgerschaft nicht ihre Achillessehne werden kann, gerade dann, wenn sie die deutsche Position in der Frage des israelisch-palästinensischen Konfliktes vermitteln soll. Gerät sie hier nicht in einen Interessenkonflikt? In anderen Berufen würden solche prädestinierten Bindungen als No-Go bewertet.

Im politischen Alltag scheint das tolerabel zu sein und wird nicht als Leichtsein bewertet oder  stellt gar ein Sicherheitsrisiko dar. Die Frage bleibt: Könnte Chelbi gerade bei den israelischen Partnern Bedenken und Ressentiments wecken und ist das im Interesse der Bundesrepublik?

Wäre die Anforderung an einen politischen Amtsträger übertrieben, über den Amtseid hinaus, sich für die eine Staatsbürgerschaft entscheiden zu müssen? Wem gehört sein Herzblut? – einem Menschen, seinen Wurzeln oder dem Staat, dem er dienen will?

Mein Blut ist türkisch, mein Pass Deutsch – den brauche ich, um in die Disko zu gehen – es ist nur ein Papier.

Viele türkische Jugendliche sprechen davon, mit dem Herzen Türke zu sein und auf dem Papier Deutsche – Das mag für den einzelnen, ohne Amt und Macht tolerabel sein, aber geht das ohne Herzblut, nur auf dem Papier auch, um als Amtsträger unsere Grundrechtscharta zu verteidigen?
Ich meine, wer ein öffentliches und politisches Amt bekleiden will, muss sich entscheiden, kann sich nicht zwischen den Stühlen positionieren, ansonsten bleibt ein Zweifel und auch ein Sicherheitsrisiko.

Deutschland will mehr sein, als eine Nation unter vielen, will mitmischen im Kreis und Quadrat der Mächtigen – Vertragen sich doppelte Staatsbürgerschaft und die höchsten Ämter im Staat?

Wir sind auch in dieser Hinsicht eine historisch gebrandmarkte Nation, weil wir schon einmal leichtfertig eine Staatsbürgerschaft verliehen haben. Die Loyalität zu einer Verfassung ist eminent wichtig und darf nicht durch träumerische Doppelmitgliedschaften verwässert werden. Die doppelte Staatsbürgerschaft darf nicht die Achillessehne im Amt sein – weder bei einer Parlamentsvorsitzenden, noch bei einer stellvertretenden Pressesprecherin. Wer ein politisches Amt will sollte sich entscheiden, welcher Fahne er folgt!

In einem Land, in dem Kinder die Fussball oder Hockey spielen nicht zwei Sportverbänden angehören dürfen, können wir, mit zwei Staatsbürgerschaften politische Ämter bekleiden, also Bürgermeister in Istanbul und Ratsmitglied in Oberhausen sein? – kurios!

Der Bundespräsident muss seine Parteimitgliedschaft für die Amtszeit ruhen lassen – diese Anforderung wäre auch im Umgang mit der Staatsbürgerschaft sinnvoll – denn wem nützt diese Staatsbürgerschaft? – Sie muss mehr sein, als ein Therapeutikum für eine pflegebedürftige kulturelle  Wurzel, sie muss als Bekenntnis verstanden werden zu einer republikanischen Identität.

Oder sollten wir nicht alle von Geburt an eine doppelt Staatsbürgerschaft zu erkannt bekommen, die der Republik, in die wir hinein geboren wurden und die des Kontinentes Europa.

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